Lorena gewinnt Poetry Slam in Neumünster

Lorena Welack, Mitglied der Poetry Slam AG, hat beim U30 Slam „Lyrik und Textase“ am 10. Juni 2025 in Neumünster mit zwei Slams das Publikum begeistert.

Zunächst überzeugte Lorena mit einem ersten Text, der den Titel „Ich bin kein Bauer“ trägt. Mit diesem zog sie dann ins Finale ein. In der Endrunde legte sie dann noch einmal nach und lieferte einen zweiten Slam-Text („Schulpubertät), der das Publikum (unter ihnen auch einige Schulklassen) so gefiel, dass sie den Slam für sich entscheiden konnte.

Herzlichen Glückwünsch, liebe Lorena!

Hier ist Lorenas Siegertext:

Schulpubertät

Der einzige Ort, an dem ich fürs Sitzen Noten bekomme: Niemand sagt uns wie das Leben eigentlich funktioniert, wenn man morgens um 6 Uhr aufstehen muss und zur Schule gehen muss. Schule ist wichtig…sagt man. Fürs Leben….sagt man. Man steht auf mit der Motivation eines Toastbrotes nach drei Wochen in der Brotdose, direkt neben der geplatzten Tintenpatrone, die mein Biobuch tätowiert hat. Aber dann sitze ich da um 7:30 Uhr in der Frühe da, bin eigentlich noch geistig in Embryostellung im Bett, bloß physisch anwesend und muss mir 90 Minuten lang anhören, warum Frösche keine Lungenflügel haben, und wie Gedichtsanalysen funktionieren. Spoiler: Nicht.

Und am schönsten ist es, wenn der Tag mit Mathematik beginnt. Ich bin zwar kein Therapeut, aber ich denke man sollte aus seiner Vergangenheit wachsen, aber mein Mathebuch will nicht erwachsen werden. Deswegen muss ich seine Probleme immer noch lösen. Warum ist X eigentlich verschwunden und warum muss ich es wiederfinden??? Diese Matheaufgaben machen so viel Sinn wie die Quadratwurzel aus 0: 0. „Tom hat drei Kamele, eins ist grün. Wie viel wiegt der Sand, wenn es draußen dunkel ist?“ Das kann man doch nicht ernst nehmen! Vorbereitung aufs Leben? Ich weiß ja nicht. Wie oft beschäftigt man sich als Erwachsener wohl damit, wie man quadratische Gleichungen löst? Übermäßig oft, bestimmt.

Aber ich sage nicht, dass alle Lehrer so sind. Es gibt auch coole Lehrer, zu finden sind sie zwar schwerer, aber es gibt welche. Zwar sind nicht alle immer so lustig, aber es sind Lehrer. „Ehm, also ich glaube, dass…“ „Glauben kannst du in der Kirche!“ Und eigentlich ist der Spruch ja nicht mal schlecht, aber nach 30-maldie Stunde setzt der mich dann außer Gefecht. „Kann ich bitte auf Toilette?“ „Also ich weiß ja nicht, ob du kannst, aber du darfst.“

Wenn wir alle sitzen, in der 8./9. Stunde, schaut der Lehrer in die Runde: „Mensch Leute, ich weiß ihr habt keine Lust, aber ich hab da auch mal durchgemusst.“ Jaja. Wir wissen es doch. Und wenn sich gar niemand mehr meldet, kommt irgendwann der Spruch: „Das ist auch für mich die 9. Stunde!“ Ja, aber nur für einen hier ist es die 9. bezahlte Stunde!

Es gibt ja diese verschiedenen Arten von Lehrern, die wir alle kennen. Zum Beispiel dieser eine oder ein/e Lehrer/in, der selbst heutzutage noch versucht, den 100 Jahre alten Overheadprojektor zum Laufen zu bekommen. Dieses Ding steht seit Ewigkeiten in der letzten Ecke und hat eine dickere Staubschicht, als mein Mathe Buch dick ist.

Oder die eine Lehrerin mit dem Schlüsselbund, das so laut ist, als würde ein Elefant einmal durch den Porzellanladen rollen.

Aber dann kommt Sport: oder auch mittelalterliches Überlebenstraining. Ich soll Bockspringen überein Turngerät, das aussieht wie ein Möbelstückaus Omas Dachboden! Und Herr Meier steht mit seiner Stoppuhr daneben: „Na los, ich will Einsatz sehen!“ Ja, und ich will WLAN! Aber man bekommt nicht immer, was man will! Immer, wenn ich ein Video schaue, das anfängt mit: „Extrem wichtige Nachricht in drei Sekunden“, kommt dieser Kreis. Du weißt schon, der Dreh-dich-im-Kreis-Kreis. Das Symbol für: Du wirst hier keine Glücksgefühle erleben.

Und dabei sieht man mit dieser wunderbaren Aknehaut auch noch aus wie der Mond. Die NASA hat die Pickel auf meiner Stirn schon als neue Kraterzone kartografiert. Und nach so einem ätzenden Schulalltag hat man auch noch mit sich selbst zu kämpfen. Man nimmt sich auch mal vor, heute produktiv zu sein. Also schreibe ich in meine Handy-Notizapp: Punkt 1, nicht aufs Handy schauen! Und 20 Minuten später, kennt man alle Exfreunde von Kim Kardashian und was Einsteins Lieblingspizza war. Dann hört man auch noch so Dinge wie: „Also ich hatte in deinem Alter schon einen Job.“ Cool, Gisela! Aber ich hab….Mathe in der 8. Stunde.

Man ist dann auch in diesem Alter, wo man plötzlich selbstständig werden will, obwohl man genau zwischen „Ich weiß was ich tue“ und „Mama, ich hab Shampoo im Auge“ steckt. Deswegen schnauzt man auch seine Mutter an. Ist dann aber traurig, wenn Mami dir kein Pausenbrot geschmiert hat.

Pubertät ist schrecklich. In diesem Lebensabschnitt hat mein Gehirn genau zwei Modi:
Modus A: Ich hasse alle,
Modus B: Warum liebt mich niemand?

Man ist so bescheuert manchmal. Ich tue als hätte ich Kontrolle über mein Leben, aber esse Chips mit einer Gabel, weil ich keine fettigen Finger will. Und wenn ich mal versuche, mein Make-Up zu machen, sehe ich in den Spiegel und sehe einen Eyelinerstrich wie der Amazonas und der andere wie ein epileptischer Zitteraal. Und der Körper verändert sich auch. Meine Stimme: Täglich im Stimmbruch Meine Stimmung: Täglich im Keller. Da wachsen Haare an Stellen, ich dachte da leben nur Staubmilben. Und die Mädchen werdens kennen: Die linke Brust denkt sich so: Ich wachse mal, wir werden jetzt erwachsen. Und die rechte so: Ich denk drüber nach.

Ja, Pubertät ist wie ein Softwareupdate:

Niemand hat gefragt, es dauert ewig, und plötzlich funktionieren Dinge nicht mehr, wie sie vorher waren.